Im Hafenhandbuch hatte ich gelesen, dass Hanö mal von den Engländern besetzt war und es dort noch einen Friedhof aus der Zeit gäbe. Das möchte ich erstens sehen und zweitens verstehen, warum die Engländer dort waren (das geht zwar auch ohne Besuch, macht mit Besuch aber mehr Spaß) , drittens wirbt die Insel damit Auto- und Mückenfrei zu sein und viertens mag ich Inseln. Der Rest der Crew protestiert nicht ernsthaft, also geht es heute nach Hanö.
Erstmal müssen wir aber den Einkauf beim Fischhändler nachholen, der gestern ausfallen musste. Der Laden erweist sich als Paradies für alle, die gerne Fisch essen. Es gibt ihn dort frisch, geräuchert, mariniert, als Salat, als Suppe, als Pie und bestimmt habe ich noch eine Zubereitungsart übersehen. Wir kaufen drei ordentliche Stücke Lachs für das Abendessen und noch geräucherten Lachs für morgen zum Frühstück.
Dann geht’s los bei handigem Westsüdwest mit 4 Beaufort mit Kurs Süd Richtung Hanö. Ab und zu werfe ich noch einen Blick über die Schulter, ob uns vielleicht eine Fähre in die Quere kommt, aber die bleibt friedlich in ihrem Hafen. Ausser dem roten Tanker, der hier wohl schon länger auf Reede liegt und einem Segler, der vor uns aus Karlshamn ausgelaufen war, ist sonst niemand auf dem Wasser.
Nach einer knappen Stunde frischt der Wind auf 5 Beaufort auf und wir reffen das Groß etwas widerstrebend für diese kurze Strecke. 10 Minuten später haben wir 6-7 Windstärken und müssen das Groß bergen. Davon hat der Seewetterbericht nichts gesagt! Seltsamerweise riecht es plötzlich mitten auf dem Wasser nach frisch geröstetem Kaffee. Nur vor Fock geht es weiter in den eigentlich recht geschützten Hanö Sund und eine knappe halbe Stunde später in den kleinen Inselhafen. Glücklicherweise finden wir auf Anhieb einen Platz an der Pier. Manövrieren mag Lorrikeet bei den Windstärken nicht so gern.
- Touristeninfo von Hanö – mehr braucht es nicht
- Dekorative Bank in Hanö
- Im Wartehäuschen der Fähre hänge alle Briefkästen der Bewohner, so hat es der Postbote nicht so weit
- Typisch für eine autofreie Insel: der Karrenplatz am Fähranleger
Wir belohnen uns erst einmal mit einer Tasse Tee und einem Stück Kuchen. Im Westen steht jedoch eine dunkle Wolke. Nun aber los, Hafengeld zahlen. Hier gibt es tatsächlich noch eine Hafenmeisterin, die persönlich das Geld kassiert! Und dann weiter, die Insel erkunden.
- Kleine Privathäfen auf Hanö
- Ein Fels, der aussieht wie ein schlafender Wal
Wir laufen parallel zum Ufer nach Norden. Einige haben sich ihre kleinen Privathäfen in das Geröll aus großen und kleines Steinen gegraben. Das muss eine ganz schöne Plackerei gewesen sein! Ein Stück weiter liegt ein sehr großer Felsen, der aussieht wie ein friedlich schlafender Wal.
- Blaue Blumen am Ufer
- Als hätte der Rasen Blasen
- Verwunschener Pfad
Kurz hinter einem Viehgitter, das wohl das Dammwild aus den Gärten fernhalten soll, geht es scharf rechts auf einen schmalen Pfad und bergauf. Er ist fast märchenhaft überwachsen und die grün bemoosten Felsen sehen hier aus, als hätte der Rasen Blasen geschlagen.
Dann scheinen plötzlich auf einem sehr großen Felsvorsprung Rehe zu liegen, sie reagieren aber nicht auf uns. Die sind wohl aus Plastik und wir sind drauf reingefallen. Der Weg biegt wieder ab nach Norden. Plötzlich stehen zwei alte Kanonen vor uns und zielen in See. Die Erklärung dazu ist nur auf Schwedisch, aber ich verstehe soviel, dass die Kanonen wohl aus dem 18. Jahrhundert stammen und der Platz auch von den englischen Truppen mit Kanonen bestückt war. Hanö war während der Kontinentalsperre neben Helgoland, Anholt und Göteborg einer der englischen Stützpunkte, die den Handel mit dem Baltikum sichern sollten, da England sehr stark von Getreide- und Holzimporten aus dem Baltikum und aus Russland war. Hanö war dann Ausgangspunkt für die Schmuggelfahrten in die Ostseehäfen.
- Alte Hinterlassenschaften in der Landschaft
- Gedenkstein auf dem englischen Friedhof
- Das Holzkreuz auf dem englischen Friedhof
- Ein Grab für eine junge Frau mit ihren zwei Kindern, die im 19. Jahrhundert an Cholera starben
Ein Stück weiter nördlich sieht die Landschaft aus, als hätten hier Riesen mit Würfeln gespielt. Etwas weiter ins Inselinnere liegt dann der englische Friedhof. Wer dort begraben liegt, ist im Detail nicht bekannt. Die Umfriedung, ein Gedenkstein und ein 1973 von der Besatzung einer englischen Fregatte errichtetes Holzkreuz sind noch zu sehen. Einzelne Gräber und Grabsteine sind höchstens noch zu ahnen.
- Schiefer Baum
- Auf dem Weg zum Leuchtturm
- Auf dem Weg zum Leuchtturm
- Leuchtturm von Hanö
So nun müssen wir uns beeilen, die schwarze Wolke rückt immer näher. Schnell noch rauf zum Leuchtturm und dann wieder runter ins Dorf. Der Weg führt durch eine sanft gewellte Landschaft voller runder Steine, wie an einem Strand. Das ist auch so, denn bevor die Ostsee entstand, war hier ein Binnensee aus dem Schmelzwasser der eiszeitlichen Gletscher und dessen Wasserspiegel lag deutlich höher als der der heutigen Ostsee. Zudem hatten die Gletscher hier entsprechend abgeschliffenes Geröll hinterlassen. Ich stelle mir vor, die Riesen hätten hier mit Murmeln gespielt.
Mitten in dieser Landschaft liegt plötzlich ein Fussballplatz oberhalb des Dorfes, frei von allen Steinen. Laut Wikipedia hat Hanö nur 33 Einwohner, da wird es schon schwierig eine, geschweige denn zwei Fussballmannschaften zusammen zu bekommen!
Nun, aber schnell zurück an Bord, gleich setzt der Regen ein und wir haben noch unseren Lachs für das Abendessen!