Wegen der Starkwindwarnung haben wir uns für heute wieder früh den Wecker gestellt. Gegen 13:00 Uhr rechnen die Meteorologen mit dem Durchzug einer Kaltfront, die auch Gewitter und schwere Böen mitbringen soll. Wie angekündigt weht der Wind morgens mit OSO und 4 Bft. Wir verlassen um 8:30 Uhr den Hafen und setzen das ungereffte Großsegel zusammen mit unserer kleinsten Vorsegel, der Genua 3.
Die Entscheidung von gestern nach Bogense zu segeln erweist sich als total richtig. Mit rauschender Fahrt von 6 bis 7 Knoten geht es zum Kleinen Belt. Der Himmel ist wolkenfrei und wir genießen das Segeln. Als wir gegen 10:00 Uhr in den Trichter des Kleinen Belts einlaufen, hat sich südwestlich, also genau dort wo wir hinsegeln eine dunkle Wand aufgebaut, aber der Wind kommt immer noch aus OSO, so dass wir mit guter Geschwindigkeit einlaufen.
Der erste geeignete Hafen ist Fredericia, allerdings liegt man dort dicht neben Industrieanlagen und an einer Schnellstraße. Wir möchten nach Middlefart Ny Havn direkt hinter der Autobrücke über den Kleinen Belt. Vor Fredericia hat sich die Wolkenbank bereits zu einer Walze mit Böenkragen ausgebaut. Wir bergen vorsichtshalber das Großsegel und lassen den Motor mit voller Leistung mitlaufen. Lorrikeet läuft mir annähernder Rumpfgeschwindigkeit von 8 Knoten unterstützt von der mitlaufenden Strömung. Der Wind hat bereits auf SW gedreht, so dass wir sogar noch einen Kreuzschlag unter Genua 3 machen müssen. Unter der Autobrücke sieht es sehr bedrohlich aus. Kommen wir noch vor der Front in den Hafen?
Wir erreichen Ny Havn in dem Moment, als die Wolken der Böenkragens über uns sind. Wir erspähen einen freien Platz direkt voraus. Die Crew der Yacht, die daneben liegt, nimmt uns sofort in Empfang. Als wir um 10:55 Uhr die Leinen gerade belegt haben, gehen die ersten schweren Sturmböen über den Hafen. Die Crew der Nachbaryacht, übrigens eine erfahrene Chartercrew aus dem Allgäu, die sonst aktiv auf dem Bodensee segelt, macht sich zusammen mit Klaus regenfest, um ggf. weiteren Yachten, die noch einlaufen zu helfen.
Nun treiben Regenschauer mit sehr starken Böen über den Hafen, die gerade noch einen Blick bis zur Hafenmole zulassen. Auch Blitze krachen direkt über uns. Eine Yacht, die kurz nach uns eingelaufen war, findet in diesem Unwetter noch einen Platz auf der anderen Seite des Hafens. Alle sind froh, nun nicht da draußen zu sein. Die Allgäuer Crew wollte nämlich eigentlich gerade auslaufen, hatte dies aber wegen der aufziehenden Wand abgebrochen.
Als das Gewitter durch ist, reißt die Bewölkung wieder auf und es weht ein kräftiger Wind aus SW. Die Allgäuer verlassen den Hafen und wir nutzen die Wetterverbesserung für einen Bummel durch Middelfart.
Der Ny Havn ist wie der Name schon sagt, der neue Hafen. Aber eigentlich sind es zwei Häfen, wie wir beim Versuch das Hafengeld zu zahlen schnell feststellen. Ny Havn 1 ist der städtische Hafen, der zusammen mit einem Neubau eines Kulturhauses entstanden ist. Im Kulturhaus befinden sich eine Bibliothek, ein Kino, Café, Restaurant und auch die Sanitäranlagen des Hafens. In diesem Teil sind wir gelandet direkt zu Füßen der Bibliothek. Ny Havn 2 ist ein privater Hafen, der zusammen mit diversen Wohngebäuden, die sich noch im Bau befinden, entstanden ist.

Ein von einer Ölleitung aufgepießter Eisbär als Skulptur neben dem Ny Havn soll auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam machen
Das Neubaugebiet zieht sich landeinwärts weiter bis zur alten Einkaufsstraße von Middelfart. Hier kommen wir beide noch zu je einer weiteren kurzen Hose, füllen unseren Vorrat an Lebensmitteln auf und essen leckere Fischtapas zum späten Mittag. In Dänemark heißt das Frokost.
Abends machen wir noch einen weiteren Spaziergang am Kleinen Belt entlang. An der Außenmole liegt ein Oldtimer von der Insel Poel, auch im Alten Hafen von Middelfart liegen jede Menge Oldtimer und auch auf der Werft gibt es jede Menge alte Schiffe in verschiedenen Zuständen zu bestaunen. Das Nordische Klinkerboot ist mittlerweile von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden. Es gibt dazu ein sehr schönes Bewerbungsvideo.
- Das Holz für die Reparatur dieses Oldtimers liegt schon bereit
- Der Eigentümer dieses dänischen Fischkutters scheint nicht viel von der EU zu halten
- Reparaturbedürftig, aber kein hoffnungsloser Fall – das Boot natürlich 😉
- Restaurierte Boote in Klinkerbauweise und im Hintergrund die Autobahnbrücke über den Kleinen Belt
Den Abend beschließen wir in einem Restaurant direkt am Wasser mit einem Glas Bier. Von hier können wir zuschauen, wie die Sonne hinter der Eisenbahnbrücke untergeht. Zum krönenden Abschluss taucht auch noch ein Schweinswal direkt vor uns auf.