Die Babiere biddde!

Warnemünde – Kühlungsborn
12,4 sm
ONO 1 – 5

Eigentlich hatte ich mich bislang gefragt, was ich zu heute schreiben könnte, denn das Wetter ist abwechselnd nass und sonnig, nichts Neues also. Wir sind rechtzeitig aufgestanden, um noch ein paar Brötchen abzubekommen bevor sich 800 Segler der Hessenregatta auf die dürftigen Bestände im Hafenshop stürzen. Dann sind wir ausgelaufen Richtung Kühlungsborn, um die nächste Etappe morgen von Warnemünde nicht mitmachen zu müssen. Kurz vor Kühlungsborn tauchte noch eine seltsame Wolke auf und unser Gefühl trog uns nicht, denn als wir gerade im Hafen lagen, begann ein kurzes Gewitter.

Als der Himmel anschließend mehr als 5 Minuten Sonnenschein versprach, haben wir alle immer noch oder schon wieder nassen Sachen nach draußen zum Trocknen gehängt. Ein Polizeiboot fuhr in den Hafen und drehte hinter uns. Das ist hier in der Gegend nicht ungewöhnlich. Das kommt öfter mal vor. Anschließend kam noch ein Schlauchboot mit Polizei. Als dieses Schlauchboot ein zweites Mal auftauchte, wurde es langsam seltsam. Sie hielten auf uns zu, als Klaus gerade auf dem Achterschiff stand. Er hörte den Ausruf: „Da ist er!“ und sie hielten genau zwischen uns und das Nachbarboot. Wir fürchteten schon, dass sie mit ihrem schwarzen Gummiboot über unsere schöne weiße Außenhaut schaben würden. Dann kam die Korrektur: „Nein, der andere daneben!“ Sie setzten noch einmal zurück, legten an sichererer Stelle an und zwei martialisch gekleidete Polizisten mit Headsets stürzten sich auf das kleine Nachbarboot auf unserer anderen Seite. Wir wendeten derweil unseren Spinnaker in der Sonne. Sie kontrollierten Personalausweise und Bootspapiere und behaupteten dann, dass das Boot doch eine Baunummer haben müsse, so wie eine Fahrgestellnummer beim Auto. Wir fragten uns die ganze Zeit, was unsere Nachbarn wohl verbrochen haben mochten, dass sie so behandelt wurden und fanden das sehr entwürdigend. Das Boot konnte wohl kaum gestohlen sein. Dafür war es viel zu alt und zu klein. Die beiden waren ganz offensichtlich Deutsche, also illegal eingereist konnten sie auch nicht sein und zum Schmuggeln wäre das Boot zu klein und zu langsam und die dazu passenden Grenzen zu weit weg. Das Gleiche haben unsere Nachbarn auch gefragt, bekamen von der Polizei aber nur die Antwort, dass sie jederzeit kontrollieren dürften. Als dann einer der beiden einen abgelaufenen Personalausweis vorlegte, waren die Polizisten voll in ihrem Element. Die Papiere wurden eingesammelt, mit dem Motorboot zum Küstenwachboot gefahren, dort kopiert und dann wieder zurück, bevor der „Vorgang“ (so nannten sie das wirklich) abgeschlossen werden konnte. Das ganze dauerte mindestens eine Dreiviertelstunde. In der Zeit waren mindestens sechs Polizisten damit beschäftigt. Was das wohl gekostet hat? Und wofür das Ganze? Als Erklärung hatten unsere Nachbarn dann nur einen völlig belanglosen Vorfall: Sie hatten beim Einlaufen in den Hafen einen Fender verloren und sind deshalb umgedreht, um ihn wieder aus dem Wasser zu holen. Das muss die Polizei wohl beobachtet haben. Außerdem wirkte es auf uns so, als ob einer der Beteiligten in der Ausbildung wäre und lernen sollte, wie man Personen kontrolliert.

Abends steht im Südosten die nächste seltsame Wolke

Abends steht im Südosten die nächste seltsame Wolke

Später haben wir dann im Internet nachgelesen: Die Ausweispflicht wurde in Deutschland im Dritten Reich eingeführt, um Juden und andere unerwünschte Personen besser identifizieren zu können. Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen es eine Ausweispflicht gibt. Das erklärt mir endlich, warum mir dieser „Vorgang“ so absurd vorkam.

 

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