Gestern Abend bin ich nach dem Bier in mein Bett gekrochen. Kurz vor der Abfahrt weckt mich noch eine Durchsage, die vermutlich vom Ladedeck zu mir heraufschallt. Ich wickele mich in meine Decke und mache das Verdunklungsrollo wieder hoch. So kann ich beim Auslaufen aus Travemünde zuschauen. Erstaunlich wie klein die Passat von hier oben aussieht. Dann wird es schnell dunkel draußen und ich verkrieche mich wieder in mein Bett.
Morgens um 7 Uhr klingelt mein Wecker. Um 5 Uhr war ich schon mal wach, das helle Tageslicht fiel durch die Ritzen. Der Seegang ist moderat. An Bord ist davon nichts zu spüren, nur das leichte Vibrieren durch den Motor ist zu merken. Beim Auslaufen war es recht deutlich, aber bei Reisegeschwindigkeit ist es weniger störend.
Zum Frühstücken gehe ich ins Bordrestaurant. Anscheinend bin ich zu spät aufgestanden, denn es fehlt an Verschiedenem: Teller, Brötchen usw. Jedesmal frage ich nach Nachschub, der auch kommt, aber es dauert halt. Es ist eine enge Cafeteria, wo sich alle in einer Schlange durch schieben. Die schlecht durchdachte Reihenfolge nervt deshalb besonders. Viele Menschen sind nicht an Bord. Wie ist das erst, wenn ganze Ladungen von Reisebussen mitfahren?
Bei den Sitzplätzen ist also reichlich Auswahl. Das Restaurant ist über der Brücke und ich kann fast senkrecht runter auf das Wasser schauen. Hier so weit vorne und oben ist auch ein klein wenig Schiffsbewegung zu spüren.
Um halb neun wurde über Lautsprecher angekündigt, dass wir in einer Stunde Trelleborg erreichen und dass das Frühstücksbuffet bis zur Ankunft geöffnet hat. Die Ankunft war eigentlich für 09:15 Uhr geplant. Eine Viertelstunde später eine weitere Durchsage: Wir sind in 30 Minuten in Trelleborg und wir sollen unsere Kabinen räumen, weil sie mit der Reinigung beginnen wollen. Ich sitze noch beim Frühstück. Die können mich mal…
Als ich nach dem Frühstück zu meiner Kabine gehe, ist von Reinigungskräften nichts zu sehen, also kein Grund zur Eile. Die Fussgänger sollen zur Rezeption kommen und dort warten. Die Rezeption ist die Bar im Restaurant. Ich hole meinen Rucksack und setze mich wieder in den Speiseraum, wo ich der Mannschaft beim Anlegen zuschauen kann. Nebenbei kaufe ich auf dem Handy in der schwedischen Bahn App, die ich zu Hause installiert hatte, meine Fahrkarte nach Karlskrona.
An der Bar wartet mittlerweile auch der ältere Herr von gestern und sonst niemand. Wir waren also tatsächlich die einzigen Fußgänger. Mein Zug geht um 10:20 Uhr. Hoffentlich müssen wir nicht warten bis alle LKW ausgeladen sind. Der Barkeeper, der jetzt die Tische abwischt ist unbesorgt.
Ein junger Mann taucht auf mit einer Klappleiter und öffnet die Deckenverkleidung. Dann taucht auch der Steward von gestern wieder auf und zieht sich seine Warnweste an. Ich soll nicht wieder weglaufen sagt er mir. Ich frage ihn, ob sie noch was in den Deckenplatten verstecken müssen. Im Fahrstuhl fängt er an zu erzählen. Das Schiff ist neu und in China gebaut, aber es würde nach 2 Jahren schon alles auseinander fallen. Das hätten sie wahrscheinlich alles bei Aliexpress gekauft. Der junge Mann mit der Leiter würde sich die Beine ausreißen, um ständig alles zu reparieren, weil die Qualität so schlecht wäre.
Unten auf dem Ladedeck lassen wir noch einen LKW passieren, dann stoppt er per Handzeichen den Verkehr, damit wir über die Rampe von Bord gehen können. Unten steht schon der Shuttlebus und man winkt uns schon zu. Zwei Fahrradfahrer werden auch noch mi eingeladen. Ausstieg ist dann am Bahnhof Trelleborg, wo in einer halben Stunde mein Zug nach Lund fährt.

Hans Wachtmeister blickt über die Altstadt von Karlskrona. Er spielte eine wesentliche Rolle bei der Schaffung des Marinestützpunktes Karlskrona
Auch in Lund habe ich noch eine halbe Stunde Wartezeit. Es ist kalt und ich hole meinen dicken Pullover raus und ziehe die Jacke noch oben drüber. Ich vergnüge mich die kuschelig aussehenden Dohlen ähnlichen Vögel mit ein paar Krümeln zu füttern und zu fotografieren.
Mein Zug nach Karlskrona ist gut gefüllt. Heute ist Muttertag in Schweden erklärt mir meine Sitznachbarin. Auch sie fährt zu ihrer Mutter.