Die Nacht haben wir in Orth auf Fehmarn verbracht. Uns kommt es vor, wie das Hawai’i des Nordens. Surfer, Segler und Fischer leben einträchtig nebeneinander. Selbst die Enten sind entspannt und schlafen direkt neben dem Weg oder mitten im Hafenbecken. Lästig ist das nur, wenn man Hilfe braucht, so wie wir gestern Abend. In Dänemark stand fast immer schon jemand auf dem Steg , um uns beim Anlegen zu helfen. Hier lehnt ein langhaariger Jüngling entspannt über der Reling seines alten Kutters und schaut zu, wie wir schon die zweite Runde drehen, um am letzten freien Platz des Hafens anzulegen. Es ist wohl nicht umsonst der letzte freie Platz, denn der Wind treibt uns immer wieder ab und wir müssen an zwei freistehenden Dalben vorne und hinten Leinen festmachen, um dann in der Mitte über einen schmalen Steg an Land kommen zu können. Erst als ich laut nörgele, dass uns auch mal jemand helfen könnte, gleitet er lässig von Bord und kommt barfüßig auf den Steg, um eine Leine anzunehmen.
Zum Ausgleich ist der Hafenmeister morgens umso freundlicher. Er lässt uns in Ruhe ausschlafen und erzählt uns, dass noch eine Lady im Hafen liegt. Wir hatten sie gestern abend schon gesehen, waren uns aber im Vorbeifahren nicht so sicher gewesen. Mit uns sind es also mindestens 4 Lady Helmsmans in der Mecklenburger Bucht. Es ist schön, mal wieder bei einem leibhaftigen Hafenmeister zu bezahlen. In Dänemark gab es nur in Marstal einen Hafenmeister. In allen anderen Häfen waren sie wegrationalisiert und durch Automaten ersetzt. Die sind zwar 24 Stunden am Tag in Betrieb, aber trotzdem ist es uns zu anonym.
Da auch heute die Vorhersage für morgen nicht besser ist, laufen wir aus und fahren weiter. Gestern hatten wir bereits unsere alte Genua II gesetzt. Richtig gesetzt mit geschlossenem Reißverschluss steht sie richtig prima. Mit ihr reisen wir auch heute. Wir haben Westwind Stärke 5 in Böen 7. Da reicht die Genua vollkommen aus.
Sieben Stunden später machen wir in Schlutup fest. In Travemünde müssen wir das Segel wegnehmen. Die Abdeckung ist zu stark und hinter uns läuft die Nils Holgersson ein. Am Wendeplatz dreht sie. Wir warten lieber und trinken erst einmal Kaffee. Dabei können wir bewundern, wie toll solch eine Fähre manövriert. Wir verstehen jetzt aber auch wozu Bug- und Heckstrahlruder gut sind.
Das Fazit der Tour: nach 10 gesegelten Tagen und über 250 Seemeilen, haben wir enorm an Vertrauen gewonnen in unser neues Schiff. Überholt hat uns mit Groß und Fock niemand. Nur wenn wir auf das Großsegel verzichtet haben, fuhr gelegentlich jemand vorbei. Sie ist ein sehr schnelles Schiff und läuft prima in der See, auch wenn wir nur die Genua gesetzt haben. Nach zahlreichen Bastelarbeiten hat sich der Wohnkomfort schon deutlich verbessert. Als nächstes müssen jedoch unbedingt noch weitere undichte Stellen beseitigt werden. Ansonsten konzentrieren wir uns ab jetzt auf das Segeln. Wir finden, das haben wir uns verdient.