Die Nacht über fängt es wieder an zu wehen. Trotz unserer Bemühungen alle Fallen fest zu binden, klappert doch immer irgendetwas. Wir hatten uns vorgenommen früh aufzustehen. Kurz nach 5 Uhr sind wir auf den Beinen, auch wenn wir nicht so richtig ausgeschlafen sind. Für den Nachmittag sind Gewitter angesagt und wir wollen vorher in der Kieler Förde sein.
Das heißt hoch am Wind über 45 Seemeilen und wahrscheinlich mit etwas Seegang. So ganz wohl ist uns nicht. Ganz sicher sind wir uns auch nicht, ob wir das schaffen. Einige Ansteuerungen von Häfen auf der Strecke habe ich vorsichtshalber am Vorabend ins GPS eingegeben.
Die erste Schwierigkeit ist der Ableger. Der Wind drückt uns auf das Nachbarschiff. Wir haben in Luv keinen Pfahl, um uns festzuhalten und können uns nur vorsichtig Stück für Stück aus der Box schieben. Lorrikeet lässt sich nicht wie erwartet vom Wind den Hintern rumdrehen und so müssen wir etliche Male vor und zurück manövrieren, um sie zu drehen.
Da wir gestern nicht sicher waren, wie stark der Wind sein würde, hatten wir kein Vorsegel gesetzt. Klaus muss also angeleint auf das Vorschiff, um in dem kurzen Seegang die Fock anzuschlagen. Ich helfe von hinten aus dem Cockpit mit, das Fall zu ziehen. Als die Fock endlich steht, sind wir beide erschöpft. Wir hätten lieber unsere Nachbarn morgens um 7 Uhr mit einer auf Deck klappernden Fock wecken sollen, als diese Aktion zu machen. Eine Rollfock zu setzen ist doch deutlich anstrengender, als eine einfache Fock mit Stagreitern.
Das Groß haben wir sofort eingerefft und mit dieser Beseglung versuchen wir nun unser Glück. Lorrikeet setzt einigermaßen sanft in die See ein. Gelegentlich spritzen ein paar Tropfen bis hinten, aber ansonsten bleiben wir im Cockpit den Umständen entsprechend trocken. Ich habe zwar eine Segeljacke an, aber keine Segelhose.
Wir laufen möglichst lange mit viel Höhe, um dichter unter die Küste von Als zu kommen und dort weniger Seegang zu haben. Vor dem Eingang zur Flensburger Förde bekommen wir Gesellschaft, einige weitere Segler laufen nach Süden. Eine Bavaria 36 heftet sich an unsere Fersen, hat aber gegen uns keine Chance und dreht nach einer Weile ab.
Vor der Eckernförder Bucht spielt die Deutsche Marine Schiffe versenken, statt die Kieler Woche zu bewachen. Ein Marineschiff neben uns irritiert uns, da es gelegentlich Vollgas gibt und dann wieder zurückfällt. Für uns sieht es aus, wie ein Kollisionskurs. Über Funk rufe ich die „Fregatte“, aber auf meine ersten beiden Anrufe bekomme ich keine Reaktion. Erst als ich meinen Anruf anders formuliere und die deutsche Fregatte mit der Kennzeichnung F261 nördlich Stollergrund rufe, bekomme ich eine Antwort: „Hier ist die Korvette mit der Nummer F261“. Wenn ich mal Langweile habe, kann mir mal jemand den Unterschied erklären. Jedenfalls haben sie kein Problem mit unserem Kurs und wir können weiter fahren.
Sechs Seemeilen vor der Tonne Kleverberg greife ich zum Handy und rufe in Kiel an mit der Bitte, uns beim Hafenmeister in Stickenhörn einen Liegeplatz zu reservieren. Das lässt sie nicht auf sich sitzen und organisiert uns einen Platz in Strande. Juchhu für die Kieler Woche sitzen wir nun in der ersten Reihe.
Vor Bülk bleibt der Wind weg. Ich schlafe gerade unter Deck. Klaus refft allein aus, aber der Lärm macht mich schnell wach.
In Strande werden wir schon mit kräftigem Winken begrüßt. Dann gibt es erst einmal Tee und Kaffee, die wegen des Seegangs unterwegs ausfallen mussten. Anschließend gehen wir im Yachtclub mit prima Aussicht auf die Bucht essen.
Unser anschließender Spaziergang nach Schilksee wird sehr nass. Es schüttet wie aus Eimern. Dies sind die angekündigten Starkregen nach dem Abflauen. Zurück in Strande gehen wir wieder in den Yachtclub, um erst einmal ein wenig zu trocknen bevor wir an Bord den guten Ausblick auf das Feuerwerk in der Bucht genießen. Das Wetter spielt mit und es regnet mal für eine Viertelstunde nicht.