Karlshagen (Usedom) – Ueckermünde
38,1 sm
SO 4 – 6, wolkenloser Himmel
Auch heute morgen klingelt wieder der Wecker um 06:30 Uhr. Wir wollen heute durch zwei Klappbrücken, um in das Stettiner Haff zu kommen. Dazu müssen wir den Peenestrom hinauf. In Wolgast und in Zecherin befindet sich jeweils eine Klappbrücke, die die Insel Usedom mit dem Festland verbindet. Beide Brücken öffnen nur wenige Male am Tag zu bestimmten Zeiten.
In Wolgast sind um kurz nach acht Uhr das einzige Segelboot vor der Brücke, aber zur Verstärkung kommt noch ein Küstenwachboot aus Neustadt hinzu. Der Industriehafen von Wolgast liegt südlich der Brücke. Dort befindet sich auch die Peene Werft, die sich anscheinend auf Schiffe des Bundes spezialisiert hat. Nicht nur das Küstenwachboot legt dort an, sondern es liegen dort bereits zwei Minensuchboote und ein Hilfsschiff der Marine. Offensichtlich haben sie gut zu tun. Das freut uns zu sehen.
Hinter dem Industriehafen nimmt die Wassertiefe deutlich ab. In der Seekarte steht, dass der Peenestrom hier nur von Schiffen mit einem maximalen Tiefgang von 2 Metern befahren werden kann. Meist liegt die Tiefe bei 3 – 4 Metern ohne steile Übergänge. Einmal am Fahrwasserrand zeigt unser Echolot jedoch nur noch 1,80 m. Hier werden wir mit 1,75 m Tiefgang doch nervös, denn wir haben es eilig, die Öffnungszeit der Brücke in Zecherin um 11:45 Uhr zu schaffen. Da der Peenestrom in Südost-Richtung verläuft und dies heute die Richtung ist, aus der der Wind weht, motoren wir das ganze Stück und an dem einzigen Stück wo die Windungen des Stromes es zulassen, die Fock zur Hilfe zu nehmen, tun wir das natürlich auch und haben nun über 6 Knoten Geschwindigkeit.
Trotzdem wird es knapp mit der Zeit und ich versuche per Funk und schließlich per Handy den Brückenwärter von Zecherin zu erreichen. Er ist jedoch nicht verhandlungsbereit und macht uns die Brücke vor der Nase wieder zu. So ein Mist! Es kommen uns ein halbes Dutzend Yachten entgegen. Wir suchen uns einen Ankerplatz und müssen nun fast 5 Stunden warten. Wir fühlen uns gefangen.
Mit einer Tasse Kaffee und einem Stück Kuchen in der Hand bewundern wir gerade die Gegend und die zahlreichen Kormoranschwärme, als ein Seeadler auf uns zu fliegt und unweit von unserem Boot mit den nach vorne ausgestreckten Fängen versucht, Fisch zu fangen. Natürlich liegen die Kameras wohl verstaut unter Deck und natürlich macht er das nicht noch ein zweites Mal, sondern sitzt die nächsten Stunden auf einem der unteren Äste eines hohen Baumes am Ufer. Mit bloßem Auge ist er dort nicht zu erkennen, aber mit dem Fernglas können wir ihn deutlich sehen.
Wir nutzen die Zeit für kleine Bastelarbeiten am Schiff: Klaus markiert unsere Ankerleine alle 5 Meter mit einem Takling, so dass die ausgesteckte Länge leichter zu erkennen ist. Ich räume die Bedienungsanleitungen auf und installiere eine USB Schnittstelle für unser NMEA 2000 Netz an Bord. Kurz nach halb fünf gehen wir Anker auf. Dies war der erste Einsatz unseres neuen Ankers und er hat in diesem Schlick bei dem kräftigen Wind super gehalten, entsprechend muss Klaus kämpfen, um ihn wieder aus dem Grund zu lösen. Den edlen Spendern noch einmal herzlichen Dank!
Auch das restliche Stück des Peenestroms müssen wir motoren. Wir bekommen noch einmal einen Seeadler bei der Jagd zu sehen. In Karmin passieren wir die Überreste einer eindrucksvollen zerstörten Eisenbahnhubbrücke. Nach der Erfahrung mit der Klappbrücke in Zecherin bin ich nicht traurig, dass uns die Hubbrücke nicht mehr im Weg ist.
Draußen auf dem Stettiner Haff haben wir nun die Nase voll vom Motoren und setzen um kurz nach 18 Uhr die Genua. Bei 5-6 Windstärken kreuzen wir gegen die kurze Welle an und ducken uns hinter die Sprayhood, um nicht zu nass zu werden. Das Wasser schmeckt hier süß.
Wir laufen nach Ueckermünde in die Lagunenstadt Marina. Zwei Hafenbecken sind umstanden von Gebäuden und vielen hohen Bäumen. Es ist ein sehr geschützter Hafen. Die Schwalben jagen die zahlreichen Insekten und etliche Graureiher gehen im Hafenbecken auf Jagd nach Fischen. Es ist fast halb neun als wir fest machen. Auf der Suche nach einem geöffneten Klo landen wir am Strand und kommen dem Schließdienst knapp zuvor. An der Strandhalle finden wir eine wundervolle windgeschützte Sitzgruppe, mit der sich sogar schaukeln lässt. Wir bekommen noch einen großen Glas Alster und ein warmes Abendessen. In der zunehmenden Dunkelheit blicken wir über das Stettiner Haff und versuchen die einzelnen Lichter zu identifizieren.