Stralsund – Karlshagen (Usedom)
31,8 sm
SW – W 5-6 in Böen 7
Heute bestimmt die Ziegelgrabenbrücke in Stralsund unseren Tagesbeginn. Sie ist eine Klappbrücke und macht morgens nur zweimal auf und das Dumme ist: Wir müssen da durch. Also klingelt der Wecker um 06:30 Uhr. Der Wind bläst kräftig und hat auch stürmische Böen im Repertoire. Wir rollen nur die Fock aus. Das reicht bereits, um teils über 7 Knoten zu laufen. Später geraten wir damit auf den Wellen des Greifswalder Boddens ins Surfen.
Erst einmal frühstücken wir auf dem Strelasund und wundern uns, warum eine rote Tonne fehlt, die wir eigentlich erwartet hatten. Dann wird uns klar, dass ein Tonnenleger sie gerade eingesammelt hat zur Wartung. Dieser Tonnenleger bereitet uns noch bis zum Ausgang des Strelasunds und meldet bei der letzten Tonne über Funk, dass die Störung an dieser Tonne nun behoben ist.
Wir laufen ziemlich genau Ost und biegen vor der Insel Ruden in die Peene ab. Dort ist der Seegang vorbei und alles wirkt sehr friedlich. Wir beschließen nach Karlshagen zu gehen. Nach den Städten und großen Marinas, hätten wur nun gern mehr Idylle und Wolgast scheint nicht so optimal zu sein. Wir werden von zwitschernden Rauchschwalben begrüßt. Die hatte ich die letzten Tage schon vermisst. Hier sind sie also…
Vor 10 Jahren waren mit dem Knurrhahn schon einmal in der Peene und hatten damals in Kröslin gelegen. In Peenemünde war noch kein Yachthafen, aber wir sind trotzdem rüber gefahren, um dort ins Museum zu gehen. Karlshagen gehörte auch mit zum Einzugsbereich der Heeresversuchsanstalt. Hier gab es die Wohnsiedlungen, Zwangsarbeiterlager und KZ. Davon sieht man bei oberflächlicher Betrachtung erst einmal nichts. Im Gegenteil hier sind viele Ferienhäuschen gebaut worden, die einen netten Eindruck machen.
Wir mieten uns mit Hilfe von Handy und Kreditkarte zwei Fahrräder und machen uns auf den Weg, um mehr zu sehen. Wir radeln quer über die Insel Richtung Ostseestrand, laufen dort ein wenig am Strand spazieren und fahren dann weiter Richtung Peenemünde. Rechts und links vom Weg warnen Schilder vor dem Betreten der Wälder und der dort noch vorhandenen Munition. Am Strand warnte ein Schild die Bernsteinsammler vor Phosphor, der Bernstein wohl zum Verwechseln ähnlich sehen soll. Alle gesammelten Steine sollen in Metallbehältnissen aufbewahrt werden und sind auf keinen Fall am Körper zu tragen!
Aber aus der Not wurde auch öfter eine Tugend gemacht: Die Bahnlinie von damals benutzt heute ein Schienenbus. Die existierende Kläranlage stammt noch aus dem Dritten Reich und es gibt eine Bootslagerung mit Flughafen. Ansonsten erobert sich die Natur das gesperrte Areal zurück. Wir sehen wenig und können nur manchmal etwas erahnen. Glücklicherweise gibt es eine ausführliche Beschilderung. Besonders eindrucksvoll ist der Tunnel, der sowohl als Bahnunterführung diente als auch als Luftschutzbunker. Er steht halb hoch unter Wasser. Die Bombenkrater von einst sind heute stille Tümpel, die als Brutstätten für Mücken dienen. Sobald wir stehen bleiben, um etwas genauer zu sehen, stürzen sie sich hungrig auf uns. Nur der Fahrtwind hilft gegen die Plage.
Zurück in Karlshagen biegen wir kurz vor dem Hafen noch einmal rechts ab Richtung Peenemünde. Nun führt der Weg durch sehr nasses Marschland. Hier bläst der kräftige Wind die Mücken davon.
Auf halber Strecke Richtung Peenemünde stoßen wir auf eine sehr unwirkliche Szenerie: Hier standen Bunker, die als Lagerhallen dienten. Diese wurden gesprengt und die Träger sehen nun aus wie alte Viadukte. Ich spiele abends noch mit der Bildbearbeitung, um diesen unwirkliche Eindruck auch auf den Fotos entstehen zu lassen:
- Die gesprengten Bunker wirken wie alte Viadukte
- Reste gesprecngter Bunker
- Ein Baum erobert sich ein Häuschen zurück
Abends hören wir den neuesten Seewetterbericht. Er verspricht für die nächsten Tage Ostwind. Mit Rückenwind ist es also erst einmal vorbei, wenn wir weiter nach Osten wollen. Wir beschließen statt dessen das Stettiner Haff zu erkunden.