Hallo, hört mich jemand, meine Eltern und mein Bruder treiben ab!

14. Seetag

Korsør – Omø
10,1sm
SO-O 4-5

Dies sind die ersten Schwanenküken, die ich in diesem Jahr an der Ostsee sehe und dabei haben wir es schon August!

Dies sind die ersten Schwanenküken, die ich in diesem Jahr an der Ostsee sehe und dabei haben wir es schon August!

Unser Tag beginnt ganz unspektakulär. Bei herrlichstem Wetter frühstücken wir im Cockpit und müssen uns lediglich einigen sehr aggressiven Bettelversuchen einer Schwanenfamilie erwehren. Wir haben nicht vor, weit zu segeln, sondern wollen einfach nur etwas weiter gen Süden. Da der Wind aus SO mit 4-5 weht lassen wir das Reff II im Groß und laufen mit Genua II hoch am Wind gen Süden.

Der Strand an der Ostküste von Omö

Der Strand an der Ostküste von Omö

Plötzlich hören wir auf Kanal 16 eine panische Mädchenstimme, die ‚Hallo, hört mich jemand, meine Eltern und mein Bruder treiben ab!‘ ruft. Wir sind wie elektrisiert. Lyngby Radio versucht auf Englisch mit ihr Kontakt aufzunehmen, was aber schief geht, da sie nur Deutsches herausbringt. Sie ist aber so geistesgegenwärtig, ihre Position mit ‚Elefanten-Grund‘ anzugeben.

Nach dem Strandspaziergang: gesalzen und gesandet

Nach dem Strandspaziergang: gesalzen und gesandet

Eine deutsche Yacht, die etwa 6 sm von dieser Position entfernt steht, übernimmt die Kommunikation mit ihr und nimmt sofort Kurs auf die Position. Für uns ist es viel zu weit und wir können deshalb nicht helfen. Der Elefanten-Grund liegt zwischen Reersø und Romsø vor Kerteminde. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als den Ablauf der Aktion auf Kanal 16 zu verfolgen.

Urige Viecher auf Omö

Urige Viecher auf Omö

Dem Funker auf der deutschen Yacht gelingt es mit eiserner Ruhe, das Mädchen zu beruhigen und weitere Informationen aus ihr heraus zu bekommen. Sie ist nach ihrer Aussage allein an Bord der ankernden Segelyacht und weiß nicht, wie der Motor angeht, geschweige denn, wie man Anker auf geht. Aber sie weiß offensichtlich gut mit dem Funkgerät umzugehen und hält mit dem Fernglas ihre Eltern und ihren Bruder im Auge. Innerhalb kürzester Zeit finden sich etliche Segel- und Motorboote, die nahe genug sind und sofort Kurs auf das Gebiet nehmen. Lyngby-Radio organisiert dann noch einen Rettungshubschrauber.

Omö ist von der Landwirtschaft geprägt, steht im Infoblatt, das es am Hafen gab

Omö ist von der Landwirtschaft geprägt, steht im Infoblatt, das es am Hafen gab

Nach etwa einer Stunde kommen Meldungen, dass die Personen aus dem Wasser geborgen seien. Als Bestätigung meldet sich der Vater des Mädchens per Funk. Alle Personen seien zwar etwas ausgekühlt, aber wohlbehalten wieder an Bord. Die Funkerin von Lyngby-Radio ist erleichtert und trägt dem Vater auf, seiner Tochter auszurichten, dass sie fantastisch gewesen sei.

An der Südspitze von Omö gibt es viele rundgewaschene Steine. Auf einer Infotafel steht, dass hier die Steine abgebaut wurden, mit denen der Nord-Ostsee-Kanal gebaut wurde

An der Südspitze von Omö gibt es viele rundgewaschene Steine. Auf einer Infotafel steht, dass hier die Steine abgebaut wurden, mit denen der Nord-Ostsee-Kanal gebaut wurde

Dieses Mädchen hat heute ihren Eltern und ihrem Bruder das Leben gerettet. Es bleibt aber die Frage, wie es überhaupt dazu kommen konnte? Die Yacht hatte dort wohl geankert und ein Teil der Besatzung hat gebadet. Dabei wurden Wind und Strom unterschätzt. Überhaupt stellen wir uns die Frage, warum sie mitten im Großen Belt auf so etwas gekommen sind. Dazu sucht man sich eine Bucht oder sichert sich mit einer Leine und dann nur maximal eine Person zur Zeit.

Der Leuchtturm an der Westküste von Omö. Von hier aus wurde während des Kalten Krieges auch der Schiffsverkehr auf dem Großen Belt beobachtet. Das Fernglas soll so gut gewesen sein, dass man auch die Rasse des Bordhundes erkennen konnte. Im Hintergrund ist die Oslo-Fähre zu sehen

Der Leuchtturm an der Westküste von Omö. Von hier aus wurde während des Kalten Krieges auch der Schiffsverkehr auf dem Großen Belt beobachtet. Das Fernglas soll so gut gewesen sein, dass man auch die Rasse des Bordhundes erkennen konnte. Im Hintergrund ist die Oslo-Fähre zu sehen

Wir laufen Omø an und machen mit geliehenen Fahrrädern eine Inselrundfahrt. Unterwegs treffen wir einen Hasen und eine Ringelnatter (lebendig und diemal nicht plattgefahren!) Wir sind rechtzeitig zurück, um vor der aufziehenden Front noch Matjes für unser Essen zu besorgen. Die Front kommt dann mit Gewittern, Böen bis 7 Bft und viel Regen. So war es aber auch angesagt.

Nachtrag:

Hier noch eine Ergänzung bzw. Richtigstellung zu dem Seenotfall, die wir aus der dänischen Presse entnommen haben:

Der Leuchtturm an der Westküste von Omö

Der Leuchtturm an der Westküste von Omö.

Die Yacht hatte zu Mittag dort geankert. Danach ging der 8jährige Sohn mit Schwimmweste baden. Da er drohte abzutreiben, sprang die älteste 13 jährige Tochter hinterher, um ihren kleinen Bruder zu retten. Da natürlich auch sie abtrieb, sprang der Vater mit Schwimmweste hinterher, um erst einmal die Tochter zu bergen, was auch gelang. Sie bewältigte später den Funkverkehr. Zur Unterstützung sprang dann auch die Mutter ins Wasser, um den Jungen zu bergen. Damit waren drei Personen im Wasser. Warum auch die mittlere 11 jährige Tochter ins Wasser sprang, läßt sich nur vermuten. Die Älteste hat in diesem Moment das einzig Richtige mit dem Funkspruch getan.
Tochter und Mutter wurden vom Helikopter geborgen und wegen Unterkühlung ins Krankenhaus auf Seeland geflogen. Vater und Sohn wurden von der Segelyacht geborgen, die von Anfang den Funkverkehr begleitet hat und dann wieder auf der Yacht abgesetzt. Diese hat dann vermutlich einen Hafen auf Seeland angelaufen.
Trotzdem fragt man sich, wie unvernünftig die Erwachsenen gehandelt haben. Ein Mensch schwimmt kaum schneller als 1 Knoten, aber die Strömung im Großen Belt kann durchaus mehrere Knoten betragen, wie wir selbst erlebt haben. Das wäre schief gegangen, wenn die 13 Jährige Tochter nach ihrem ‘Bad’ nicht so umsichtig gehandelt hätte.

Dieser Beitrag wurde unter Logbuch, Sommertour 2015 abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Hallo, hört mich jemand, meine Eltern und mein Bruder treiben ab!

  1. Klaus sagt:

    Hier noch eine Ergänzung bzw. Richtigstellung zu dem Seenotfall, die wir aus der Presse erfahren haben:
    Die Yacht hatte zu mittag dort geankert. Danach ging der Jüngste mit Schwimmweste baden. Da er drohte abzutreiben, sprang die älteste 13 jährige Tochter hinterher. Der Vater sprang dann mit Schwimmweste hinterher, um erst einmal die Tochter zu bergen, was auch gelang. Sie bewältigte später den Funkverkehr. Zur Unterstützung sprang dann auch die Mutter ins Wasser, um den Jungen zu bergen. Damit waren drei Personen im Wasser. Warum auch die mittlere 11 jährige Tochter ins Wasser sprang läßt sich nur vermuten. Die Älteste hat in diesem Moment das einzig Richtige mit dem Funkspruch getan.
    Tochter und Mutter wurden vom Helikopter geborgen und wegen Unterkühlung ins Krankenhaus auf Seeland geflogen. Vater und Sohn wurden von der Segelyacht geborgen, die von Anfang den Funkverkehr begleitet hat und dann wieder auf der Yacht abgesetzt. Diese hat dann einen Hafen auf Seeland angelaufen.
    Trotzdem fragt man sich wie unvernünftig die Erwachsenen gehandelt haben. Das wäre schief gegangen, wenn die 13 Jährige nach ihrem ‚Bad‘ nicht so umsichtig gehandelt hätte.

Schreibe einen Kommentar