Die Windvorhersage von Windy prognostiziert thermischen Seewind, der sich an der schwedischen Küste des Skagerrak und Kattegat aufbauen soll. Es macht also keinen Sinn in Hektik zu verfallen, da sich die Thermik erst im Laufe des Vormittags aufbaut.
Gegen 10:00 Uhr weht ein SW mit 3-4 Bft und wir verlassen den Hafen. Das erste Stück geht durch ein ziemlich enges Fahrwasser Richtung SW. Hier ergibt es keinen Sinn, die Segel zu setzen. Also lassen wir den Motor mit niedriger Drehzahl vor sich hinarbeiten. Es tut ihm auch einmal gut, gleichmäßig warm zu werden und überall Motoröl verteilt zu bekommen. Als wir das enge Fahrwasser nach gut zwei Stunden verlassen haben setzen wir noch für das letzte Stück die Genua 2.
Heutiges Ziel ist der Ort Hällevigsstrand, ein ehemaliges Fischerdorf, mit alten Häusern und einer urigen Kneipe direkt am Hafen. Wir machen auf den Gästeplätzen direkt hinter der Hafeneinfahrt fest. Das Bezahlen funktioniert wie häufig mit einem Automaten. Als wir den Öffnungscode für WC und Dusche ausprobieren geht nichts. Glücklicherweise ist das einzige Behinderten-WC allgemein zugänglich. Wir besorgen uns erst einmal ein Eis am geöffneten Kiosk am Hafen und machen einen Rundgang durch den malerischen kleinen Ort.
Als wir wieder am Hafen hinter der besagten Kneipe ankommen, kommen wir mit dem Inhaber ins Gespräch, der dort gerade irgend etwas macht. Er hat dort auch zwei wunderbare Mofa-Oldtimer stehen, die Thomas‘ Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der Inhaber sagt uns, dass die Kneipe erst am 16.6.23 an den Wochenenden und ab 3.7.23 ganz öffnet. Noch fehlt ihm das Personal und er betreibt den Laden nebenberuflich in der Sommerzeit.
Wir machen wohl einen sehr enttäuschten Eindruck und er findet Gefallen an einem kleinen Plausch, so dass er uns auf ein Bier im Plastikbecher (sonst bekommt er Ärger mit seiner Frau) auf die Veranda der geschlossenen Kneipe einlädt.
Wir erfahren viel über den Ort, mit dem Lars, wie er heißt, eng verwandt ist. Der ganze Ort ist 1908 einem Brand zum Opfer gefallen, der genau von dem Haus ausging, in dem heute seine Kneipe ist. Diese Kneipe gibt es erst seit 9 Jahren, vorher war es ein Supermarkt. Sie wurde von Verwandten von ihm aufgemacht und war bereits ein Jahr später kurz vor der Pleite. Da ist er dann eingestiegen. Im Hauptberuf ist er Uni-Professor in Göteborg, aber er war der Überzeugung, dass Hällevigsstrand so einen Laden braucht. Seither betreibt er ihn mit Schülern und Studenten.
Auch sonst ist er im Dorf sehr aktiv und unter anderem für die neue Sauna mit Badesteg, sowie einem Konferenzraum darüber, der auch als Regattabüro für den örtlichen Segelclub genutzt wird mit verantwortlich.
Wir erzählen ihm von uns und unserer Tour und auch dem Problem mit dem Tür-Code. Nach einige Telefonaten bestätigt er uns, dass da wohl etwas nicht funktioniert, aber wir sollen das Behinderten-WC benutzen. Am Wochenende wird dort keiner von der Kommune mehr kommen.
Zum Abschluss erzählt er uns noch von der kleinen Werft, die sein Vetter mit seinen beiden Neffen zwei Buchten weiter betreibt. Wir machen uns also auf den Weg, um auch dieses Highlight zu besichtigen.
Auf dem Werkgelände sieht es wie erwartet etwas unordentlich aus und viele verlassene Holzboote fristen dort ihr trauriges Dasein. Es hat einen etwas morbiden Charme. Wir kommen noch mit einem älteren Herren ins Gespräch, der an seinem kleinen geklinkerten Spitzgatter arbeitet, damit er bald ins Wasser kann.
Den Abend verbringen wir mit einem Kaltgetränk aus unseren Vorräten. Hier war zwar alles offiziell zu, aber ein tolles Erlebnis.